WELTRAUMPROJEKT
1. Anlass des Forschens
Der erste Schritt in der Vorbereitung dieses Projekts, d.h. der Beschäftigung mit dem Thema Weltraum in mehreren Bildungsbereichen und Aktivitäten über einen zunächst unbestimmten, aber längeren Zeitraum, bestand zunächst in der Anerkennung des Themas als relevant aus der Perspektive des Kindes. Oder in den Worten einer unserer Erzieherinnen: „Also, jetzt müssen wir aber echt was machen!“
Am Beginn der Zündschnur eines Projektes steht die Beobachtung und Dokumentation der Kinder vor dem Projekt. In welchen Welten befinden sich die Kinder im Rollenspiel? Welche Themen finden konstant in den verschiedensten Bereichen (bildnerische Gestaltung, Konstruktion) ihren Platz? Welche Kinder zeigen Interesse als Kleingruppe an einem Thema und finden sich regelmäßig aus diesem Grund zusammen?
In der Reggio-Pädagogik, an die sich das Leitbild unserer Kindertagesstätte anlehnt, findet die aktive und selbstständige Gestaltung eines kreativen Prozesses in Form der Konstruktion eigener Ideen einen besonderen Platz. In diesem Stil wurde im November 2016 auch die Laternengestaltung für das Laternenfest gehandhabt. Es wurde keine allgemeine Idee vorgegeben, oder gar eine Schablone ausgeteilt – jedes Kind wurde angeregt, seine eigene Wunschlaterne zu gestalten. Diese sollte zunächst vom Kind skizziert werden und anschließend in engem Betreuungsverhältnis umgesetzt werden. Bei der Vorarbeit im Atelier beschloss eine kleine Gruppe von Kindern selbstständig, Planeten und Flugobjekte als Laternen zu planen.
Nach dem Laternenfest begann unter anderem aufgrund dieser Beobachtung die aktive Dokumentation dieser Kleingruppe in Bezug auf das Thema Weltraum. Die Dokumentation wird durch ein Diktiergerät unterstützt.
1.1. Kindermund 1 (21.11.2016, 10:00 Uhr)
Zielstrebig begeben sich die vier Kinder morgens ins Atelier und haben scheinbar etwas Bestimmtes im Sinn.
„Diesmal mal ich dir nicht nach, Neo“, sagt Jakob und alle holen sich weißes Papier und Buntstifte. Ohne weitere Überlegung fangen alle an zu malen.
Neo: „Welcher Planet ist das?“
Jakob: „Sollen wir nicht einen Raumgleiter malen?“
Mats: „Wir sind gerade im Weltraum. Das ist gerade der Hauptbildschirm.“
Jakob: „Das ist die grüne Pampelmuse, das ist ein Planet. Schau mal, hier – ein Raumjet.“
Neo: „Hier ist nur ein kleiner Bildschirm zu sehen.“
Jakob: „Hier ist ein Temporegler. Hier draußen fliegen die Papellonen rum.!
Mats: „Oh, sie suchen uns.“
Neo: „Ich hab drei Bildschirme auf einen gemalt. Regler ganz nach vorne, wir schaffen es!“
Mats: „Boah, schau mal, einen großen Computer hab ich. Neo und ich sind die Chefs. Deshalb brauchst du auch zwei Bildschirme.“
Jakob: „Schau mal. Hier ist mein großes rundes Fenster. Im Spiel habe wir diesen Raumgleiter für uns allein gebaut.“
Neo: „Schau mal wie groß mein Computer ist. Unser Planet ist in Gefahr.“
Jakob: „Das ist die Brennstelle. Da kommt der Schlauch raus und der kann das dann löschen.“
Die Kinder befinden sich mindestens 45 Minuten in diesem interaktiven Rollenspiel. Es entstehen zusammengeklebte Boardcomputer, sowie genaue Zeichnungen von der Sicht aus
dem Fenster des Raumgleiters: verschiedenfarbige Planeten und Sterne. Im Fokus stehen jedoch die technische Ausstattung des eigenen Raumschiffs und die Steuerung.
1.2. Kindermund 2 (21.11.2016, 11:30 Uhr)
Die ganze Gruppe befindet sich auf dem Rückweg vom Sport in die Kindertagesstätte. Plötzlich dreht sich das Gespräch um Berufsvorstellungen.
Jakob: „Ich möchte Astronaut werden. Weil eine Galaxie hat Trillionen von Sternen und die will ich erforschen.“
Emmy: „Aber dann musst du einen Raumanzug anziehen. Der ist ganz eng.“
Mats: „Ich will auch Astronaut werden.“
Neo: „Ich auch. Und der Lou will auch.“
Jakob: „Ich will aber amerikanischer Astronaut werden. Die sind voll cool.“
1.3. Erste Impulse im Raum, Kindermund (22.11.2016, 09:30 Uhr)
Am dritten Tag der aktiven Dokumentation wird den Kindern ein erster Impuls in den Raum gestellt, um die themenbezogene Interaktion in Bezug auf das Thema Weltraum zu fördern und Interessen besser zu beurteilen.
Elliot: „Das ist der Meteorit, der fliegt dann auf die Dinos und dann sind die alle tot!“
Jakob: „Das hab ich auch schon alles erzählt, der flog aber in die Bäume, in den Wald und dann sind die Pflanzenfresser gestorben.“
Neo: „Dann hatten die Fleischfresser nichts mehr zu essen und sind auch gestorben.“
Ronja: „Es hat geschneit, dann hatten die nicht genug Wärme und sind gefroren.“
Sophia: „Nur noch Knochen von denen.“
Jakob: „Die grüne Pampelmuse ist ein Asteroid. Der Jupiter ist der größte.“
Neo: „Saturn ist der zweitgrößte.“
Jonathan: „Hat der Jupiter ein Kringel?“



Neo: „Da kann man sehen, wie nah die Planeten an der Sonne sind.“
Jakob: „Die Sterne sind keine kleinen Sonnen, nämlich das sieht nur so aus, aber das sind große, man denkt nur, die sind klein.“
Neo: „Da ist die Milchstraße.“
Ronja: „Fließt da Milch?“
Neo: „Aber doch nicht im Himmel!“
Elliot: „Aber eigentlich können die Autos nicht im Himmel fahren, sonst fallen die auf das Dach.“
Jonathan: „Ich hab ein Fernrohr, das hab ich selbst gebastelt.“
Ronja: „Emmy hatte eine Mondlaterne.“
Neo: „Ich male gleich ein Satellit - es gibt unterschiedliche, manche fliegen um den Planeten und manche stehen drauf.“
2. Durchführung des Projekts
Auf die Impulse im Raum hin folgt am 23. November 2016 das erste Treffen zur Beratung und Planung der Kinder im Atelier. Dabei trifft sich zunächst nur die Kerngruppe, die in voriger Beobachtung besonderes Interesse an dem Thema gezeigt hat. In diesem ersten Treffen entstehen die ersten konkreten Ideen der Kinder auf die Frage hin, was im Rahmen des Themas in der Gruppe entstehen könnte.
2.1. Erste Ideen der Kinder (21.11.2016)
Jakob: „Wir können da oben doch sowas hinmachen.“
Neo: „Ich mach einen Raumanzug für mich. Für meine Füße und für mein Gesicht.“
Jakob: „Und dann kannst du schweben!“
Lou: „Die sind weiß!“
Neo: „Die sind weiß, ganz weiß. Und immer auf den Schultern drauf haben die die Fahnen drauf welche sin n das. Deutsche, Afrikaner oder Engländer. Oder Französe. Die haben immer die Fahnen drauf welche Menschen das sind.“
Jakob: „Wer war als erstes aufm Mars? Diese Roboter?“
Neo: „Ich weiß, wer als erstes aufm Mond war. Die Afrikaner!“
Jakob: „Raumdüsen. Okay. Und Planeten.“
Neo: „Guck mal, hier ist Feuer.“
Jakob: „Ich will nen Kometen machen!“
Neo: „Wir überlegen, was wir da machen – einen Raumanzug!“
Jakob: „Jaah – also. Ich weiß es halt noch nicht. Oh jaa – eine Rakete auch noch machen!“
Neo: „Die soll groß für uns rein sein! Wir könnten die Beine vom Holztisch ein bisschen kleiner schneiden.“
Jakob: „Wollen wir dann da Werkraumweltstadt, eh – Weltraumwerkstatt dahin schreiben?“
Neo: „Und dann können wir ein paar Sterne malen und Planeten. Und ausm Fenster wenn man so tut sieht man dann die Planeten. Dann machen wir hier vorne ne Spitze dran.“
An dieser Stelle verraten wir, dass wir sehr große Kartons in der Garage gelagert haben, die wir den Kindern gerne zur Verfügung stellen könnten.
Neo: „Boah, ja, so riesen Kartons! Wir müssen da ne Spitze bauen.“
Jakob: „Das ist der Knaller!“
Neo: „Das ist der Knaller!“
Freudengeschrei bricht los und die Kartons werden in der Garage bewundert.
Neo: „Ich hab ne Idee. Das müssen wir da abmachen und dann können wir den
Karton daneben machen. Und dahinter Sitze und davor. Und dann können in
den Raumjet vier rein!“
Daraufhin rennen Neo und Jakob aufgeregt zurück ins Atelier, um ihre Ideen und Pläne zu Papier zu bringen.

Neo: „Boah, ich kann das. Hier kommt dann so eine Spitze. Und Fensterscheiben. Hier ist das Loch.“
Jakob: „Können wir gleich schon das machen. Ich bin so aufgeregt!“
Neo: „Ich weiß, wie ich zeichnen kann. Ich weiß, wie ein Plan richtig ist. Ich weiß, wie ich ne Rakete bastel. Das geht einfach. Erstmal – das ist … Raketenspitze. Ein Sitz. Das ist einer. Zweiter. Und hier einer.“
Jakob: „Dürfen Lou, Neo und ich darein gehen? Aber wir sind so aufgeregt. Können wir bitte jetzt mit dem Basteln anfangen.“
Neo: „Erst müssen wir vorzeichnen. Und dann basteln! Aber das muss ne rote Spitze haben.“

Jakob: „Ich hab eine Idee. Das soll das Feuer werden. Das sollen dann Federn sein. Oder Schnipsel. Juchu. Raketen. Der Knaller!“
Neo: „Ja! Reifen! Das können die Düsenantriebe sein. Die Motorräder – eh, Reifen!“
Jakob: „Sollen wir dann da Federn machen? Aber Neo, die Frage ist, wie sollen wir den Weltraum machen?“
Neo: „Wir malen so Bilder. Jeder malt einen Planeten. Niemand malt den Saturn, weil ich mal den Saturn. Guck, der Saturn ist so graulich braun.“

Neos Saturn Skizze
Jakob: „Du, schau mal, was ich Unmögliches gefunden hab. Sollen wir da so Lautsprecher basteln?“
Neo: „Oder an den Seiten, da könnte man auch so Bilder aufhängen.“
Jakob: „Neo, ich hab eine Idee gehabt. Sollen wir das in Stückchen schneiden?“
Neo: „Ja! Dann hängen wir das auf. Und schneiden das alles aus.“
Jakob: „Ja, das macht Spaß. Dann machen wir da einen Auspuff. Puff. Puff.“
Neo: „Die Räder brauchen eine Düse. Wir brauchen den Karton, sonst können wir nicht anfangen. Wir können ganz viele Planeten machen. Aber nicht den Saturn, den hab ich schon. Ich mach erstmal die Erde jetzt. Die Erde ist blau.“

Jakob: „Boah, das ist total anstrengend. Das ist die Erde. Wo der Strich ist.“
Die ersten Änderungen werden im Raum vorgenommen. Der Tisch wird mit Folie eingewickelt und wir stellen eine alte Tastatur und einen Laptop ins sich entwickelnde Raketencockpit.
Neo: „Ich sitz am Steuer. Du nimmst immer den Boardcomputer.“
Jakob: „Ist das ein echter?!“
Neo: „Ich nehm den. Und Lou, du gehst in den Maschinenraum. Wie Oskar. Und ich bin Matilda, das Stachelschwein. Und der Jakob ist der Tommi. Ehehehe!“
Lou: „Und ich bin die Zitterpappel.“
Neo: „Boah. Ich hab ne Karte gefunden. Hier im Buch! Die Milchstraße.“
Jakob: „Neo. Neo. Neo. Neo. Neo. Wir können – Neo, Neo, ich möchte jetzt lieber echt Astronaut spielen. Kein Kokosnuss“
Neo: „Ja, aber wir müssen uns vorbereiten. Das müssen die Flügel sein. Die müssen viel größer sein. Und den Astronauten können wir hinten irgendwo hinkleben und wenn wir nach hinten gucken, sehen wir den Astronauten. Lou, mach den Temporegler ganz nach vorn.“
Jakob: „Hier ist n Mond!“
Ronja: „Boah, cool! Dürfen wir da schon rein?“
Jakob: „Sind das ehrlich echte Astronauten?“
Lou: „Das sind die Aufpasser. Die fliegen mit. Das ist das Mikrofon. HALLO. ICH FANG MAL SCHNELL FEUER.“
Während des Dialogs entsteht im Atelier ein Werkzeugkoffer für Astronautenwerkzeug aus Schuhkartondeckeln.


Neo gestaltet aus Metall und einer Klorolle einen Hammer, Lou wickelt Stoff um eine Papprolle und stellt es als Fernrohr vor.
2.2. Sternenhimmel und Raketenbau (26.11.2016)
In großer Aufregung werden die Kartons für die Rakete von der Projektgruppe in die Gruppe geholt.
Jakob: „Kartons!“
Mats: „Aber meine Rakete wird so groß!“
Neo: „Uiuiui!“
Lou: „Ui!“
Jakob: „Darf ich den anderen?“
Mats: „Kann ich auch einen?“
Die Kartons poltern die Treppe hinunter. Sobald sie im Atelier stehen erforschen die Kinder alle Öffnungen und krabbeln hinein.
Emma Lou: „Was hat die Jana für eine Idee eigentlich?“
Jakob: „Hier ist es duster. Hier ist es duster, Leute!“
Neo: „Kannst du mir die Klappe mal zumachen?“
Ronja: „Oh, wie duster!“
Jakob: „Tschschsch!“
Wir stellen die Kartons aufeinander und schieben sie probehalber in den Eingang der Weltraumecke.
Neo: „Eine Schleuse!“
Jakob: „Cool, cool, cool!“
Neo: „Da muss ne Spitze drauf.“
Lou: „LEUTE.“
Mats: „Schau mal, so sieht ein Roboter aus. Schau mal, das hier sind diese
Finger vom Roboter, und das ist von dem andern Roboter der Arm.
Die haben nur so viele Finger.“
Jonathan: „Darf ich zuschauen?“
Ronja: „Ich halte fest.“
Lou: „Ich halte auch fest.“
Mit viel Klebeband werden die beiden riesigen Kartons aufeinander geklebt. Mehrmals umrunden Neo und Lou mit dem Klebeband die Pappe, bis alles sitzt.
Jakob: „Wann machen wir die Düse?“
Tiu: „Das ist die Rakete! Da können wir dran arbeiten. Ja?“
Lou: „Das ist fest.“
Neo: „Hier brauchen wir einen Eingang. Und hier.“
Jakob: „Wann machen wir die Tür?“
Tiu: „Ich geh da drunter her. Wir brauchen so ein Messer!“
Mats stellt sich als größtes Kind der Kita vor den Karton und Neo malt mit einem Stift um ihn herum. So groß muss der Eingang sein. Es dauert, bis wir mit den Scheren durch den dicken Karton kommen und ein Loch entsteht, durch das man durchklettern kann. Jedes Kind darf einmal hineinklettern und reckt sich bis zur Decke der Rakete. Mit den Fingerspitzen kommt man dran. Auf der anderen Seite entsteht noch ein Eingang, so dass man durch die Rakete hindurchklettern kann.

Neo: „Weißt du, in der Rakete wird es richtig dunkel. Da hängen wir
besser Lichterketten auf.“
Lou: „Taschenlampen!“
Ronja: „Ziemlich dunkel. Da haste Recht.“
Tiu: „Ich seh nix.“
Emma Lou: „Was wird denn das hier?!“
Mats: „Alex, wenn du den Karton da als Spitze dranmachst, mit der Leiter,
kann man das doch machen!“
Jakob: „Oder eine Kletterwand. Oder eine Treppe nach oben. Ich bin so
aufgeregt. Ich bin so aufgeregt.“
Als Impuls wird das große blaue Sternenzelt ausgerollt, während die Kinder um die Karton-Rakete herumschwirren.
Jakob: „Boah, cool!“
Alle Kinder fangen an zu klatschen und zu schreien, während das Zelt über der Weltraumecke hochgezogen wird. Jetzt ist die Ecke teilweise abgeschirmt von außen.

Die nächsten zwei Tage verbringen die Kinder mit der ausführlichen Gestaltung der Rakete. Als Materialien stehen Fingerfarben, Kleber und silbern/goldene Rettungsdecken zur Verfügung.


2.2.1 Raketenkonstruktion in der Bauecke
Auch im Konstruktionsbereich der Gruppe wurden Impulse zum Projektthema gesetzt, nachdem die Kinder auch hier Raketen und Raumschiffe in ihr Spiel integriert hatten. Wir legten verschiedene Abbildungen der Raumfahrt am Bauteppich aus, die die Kinder sogleich in ihre Konstruktion mit aufnahmen. Es entstanden durchdachte Raketen und Raumstationen.

2.3. Ferne Galaxien (28.11.2016)
Für den Ausblick aus dem Cockpit in der Weltraumecke werden die Kinder noch einmal kreativ. Mit möglichst großer Fläche für die Gestaltung findet dieses Angebot auf dem Boden des Ateliers statt – auf etwa 6 qm Pappkarton mit Fingerfarben und Glitzer.




2.4. Raumanzüge und Sauerstoffflaschen (07.12.2016)
Endlich kommt heute das kleine Paket in der Kita an.
Aufgeregt packt die Projektgruppe aus: zwei Maleroveralls in Kindergröße kommen zum Vorschein.
„Cool“, schreit Jakob, „Raumanzüge!“

„Da müssen die Flaggen auf die Schulter“, ruft Neo und kramt direkt nach Wachsmalstiften im Atelier, „der hier ist Deutscher. Und das andere wird der Afrikaner.“
„Amerikaner“, verbessert Jakob, „Cool!“
„Und wann machen wir die Sauerstoffflaschen?“, fragt Tiu, „weil der Astronaut im Buch hat Sauerstoffflaschen. Guck!“
Tiu bringt ein Buch ins Atelier, auf dem ein Amerikanischer Astronaut in kompletter Montur zu sehen ist.
„Wir brauchen auch Helme. Vielleicht wenn man die Pappe so macht.“
Nachdem die Raumanzüge fertig mit Flaggen versehen ihren Platz in der Weltraumecke finden, bemalen Jakob und Neo jeweils zwei Plastikflaschen mit silberner Farbe und kleben sie zusammen.

Mit Krepppapier und schwarzer Pappe werden die Rückseiten mit verschiedenen Schaltflächen gestaltet. Sobald die Farbe getrocknet ist, befestigen die Kinder jeweils zwei Klettgurte mit Klebeband und passen die Größe an.

„Die brauchen noch einen Sauerstoffschlauch“, sagt Neo. Er holt einen alten Gartenschlauch aus dem Materiallager.
„Ja, cool“, sagt Tiu, „das können wir da vorne dran machen.“
Nachdem die Gurte konstruiert und die Farbe ausreichend getrocknet ist, finden auch die Sauerstoffflaschen ihren festen Platz neben den Raumanzügen. Der neue selbstgestaltete Raumimpuls motiviert auch Kinder außerhalb der Projektgruppe zur Erforschung des Weltalls.

2.5 Gestaltung von Sternenbildern (14.12.2016)
„Ich bin Skorpion, guck mal“, erklärt Neo und dreht eine Pirouette, um seinen Pullover zu präsentieren. Darauf ist sein Sternzeichen zu sehen, geformt aus weißen Punkten und linearen Verbindungen. Auch Lou kann solch ein Kleidungsstück zur Schau stellen.
„Es gibt den großen und den kleinen Wagen“, tut Jakob kund, und Mats ergänzt, dass der „Saturn der hellste Stern am Himmel“ sei.
„Nee“, widerspricht Jakob, „der Saturn ist ein Planet.“
Das Thema der eigenen Sternzeichen und Formationen der Sterne am Himmel war bereits Monate vor Projektbeginn präsent. Im Rahmen der Gestaltung des Raums durch die Kinder ergibt sich jetzt die Möglichkeit, einen entsprechenden Impuls zu setzen.
In der Weltraumecke werden DinA4-große laminierte Abbildungen der Sternenbilder mit Kreppband auf große schwarze Pappen geklebt, die sich auf Augenhöhe der Kinder befinden. Durch das Kreppband ist es den Kindern möglich, die Sternenbilder jederzeit abzulösen. Zwischen den Bildern wird den Kindern auf dem mit Silberfolie verkleideten Tisch große schwarze Pappe bereitgelegt, sowie weiße Kreide und weiße Buntstifte. Dieser Impuls bleibt von der Erzieher/in unkommentiert.
Noch am gleichen Tag entstehen die ersten Werke. Obwohl die Räume selbstverständlich allen Kindern gleichermaßen offenstehen, sind es wieder die Kinder der Projektgruppe, die den Impuls als erstes in ihr Spiel integrieren. Die ersten Sternenbilder entstehen. Tiu und Emmy zeichnen den Löwen umsichtig nach, während Neo direkt den Skorpion als sein Sternzeichen erkennt, ihn ablöst und mit ins Atelier nimmt. Dort holt er sich weiße Fingerfarbe und zeichnet damit den Skorpion ab. Auch Emmy ergänzt ihre Materialien im Atelier durch silbernes Glitzer und Fingerfarben.



„Jetzt müssen wir es dunkel machen“, fordert Neo, „die ganze Ecke mit schwarzen Pappen zuhängen. Damit man nicht mehr reingucken kann.“
Um die ganze Fensterfront mit dem persönlichen Sternenhimmel zuzuhängen, müssen mindestens sechs Pappen gestaltet werden. Auch Lou und Sophia machen sich ans Werk und erfreuen sich an dem glitzernden Sternenstaub an ihren Händen.
2.6. Satelliten und Raumschiffe (13.01.2017)
Während der Arbeit im Atelier wünscht sich die Projektgruppe oft ein bestimmtes Hörspiel: Zappalott und der Außerirdische. Elemente des Abenteuers von Christian Perleth werden nun beinahe täglich in das Spiel der Kinder integriert. Sei es die Kommunikation durch Funkgeräte, Landen auf unbekannten Planeten, oder das Entdecken von Satelliten und Raumschiffen.
„Ich mach ein ganz großes Raumschiff“, erklärt Neo und beginnt mit ganz genauen Vorstellungen die Gestaltung seiner massiven Pappröhre.

Neben sich legt er ein Buch aus der Weltraumsammlung und betrachtet die Struktur einer Raumschiff-Abbildung. „Hier muss das aufklappen, und da muss das hier drüber schweben.“ Die genaue Nachstellung der Abbildung kostet den 6-jährigen viel Ausdauer.
Mit einem Schlauch verbindet er ein kleines Raumschiff mit dem großen „Mutterschiff“: „Hier muss man das aufhängen. Und hier. Dann hält das!“
Lou blättert in dem Weltraumbuch eine Seite weiter und betrachtet den im All kreisenden Satelliten. „Ich mach DAS.“ Er zieht sich braune und schwarze Pappe aus dem Kreativlager und schneidet einen Kreis und lange Streifen aus. Immer wieder vergleicht auch er seine Arbeit mit der Abbildung.
Aus einer alten Süßigkeitenverpackung entstehen die Strukturen auf der Rückseite, aus einer vorgeschnittenen Geburtstagskrone die Plastik der Vorderseite.
Beide Kunstwerke werden von der gesamten Gruppe bewundert und am Fahrradreifen aufgehängt.

Andere Kinder der Gruppe lassen sich durch die Impulse im Raum schnell inspirieren und begeben sich ebenfalls an die Konstruktion von Raketen und Raumschiffen. Mit Klopapierrollen, Krepppapier und viel Klebe und Farbe entstehen diverse Flugobjekte, die alle ihren freifliegenden Platz im Raum finden.

2.7 Das eigene Sonnensystem (18.01.2017)
Immer wieder verkündet die Projektgruppe während ihres Rollenspiels in der Weltraumecke, was an ihr noch fehle. Wenn man aus der Rakete mit dem Fernrohr schaue, müsse man doch Ausschau auf die Planeten halten können. Motiviert begeben sich diverse Kinder an die Gestaltung.
Verschieden große Pappkreise bilden unsere Planeten. Manche Kinder möchten einen real existierenden Planeten aus dem Buch nachgestalten, wie den Saturn oder die Erde. Andere nutzen die Materialien in eigener Regie und kreieren phantasievolle neue Planeten, die allerdings namenlos bleiben.

Mit bunter Fingermalfarbe, Wasserfarben und Glitzer entstehen sphärische Muster, die mit einem Silberfolien-Ring um den Pappkreis vervollständigt werden. Da drehen die Kinder von beiden Seiten einen langen Streifen Folie ein und kleben ihn dann umsichtig zusammen. Mit Faden und Schere bewaffnet suchen wir in der Gruppe einen Platz für die neuen Planeten unseres Sonnensystems.


In einem Buch aus der Bibliothek bestaunen Jakob, Neo, Lou und Tiu den Abschnitt über die Sonne. Über zwei Seiten reicht die große gelb-goldene Abbildung, die in der Mitte zu explodieren scheint.
„Das ist der Feuerkern“, ruft Jakob, „weißt du, ich hab eine gute Idee. Lass uns eine Sonne machen. Aber eine ganz große. Die kann dann in die Weltraumecke.“
„Die Sonne ist der größte Planet“, vermutet Lou.
„Nein“, entrüstet sich sein großer Bruder, „die Sonne ist kein Planet. Die ist ein Feuerball.“
Jakob und Neo kleben zwei gelbe Pappen zu einer großen zusammen und schauen sich in der Gruppe nach einer passenden kreisförmigen Schablone um. Der große rote Drehteller wird es wohl tun. Umsichtig wird mit Bleistift nachgezeichnet und der Kreis ausgeschnitten.

In jedem Bereich der Gruppe ist das Sonnensystem nun präsent. Im Eingangsbereich hängen die Kinder ihre Sonne zunächst aus, um sie ihren Eltern zu zeigen. Wir ergänzen das Werk mit Fotos und Erläuterungen. Zu einem späteren Zeitpunkt findet jeder Himmelskörper seinen Platz im Gruppenraum.



Jakob plant den Aufbau des Sonnensystems
2.8 Besuch in der Sternwarte Köln-Nippes (04.02.2017)
„Wir gehen in die Sternwarte, das wird wunderschön, oder?“, ruft Emma Lou aufgeregt.
In einem gesonderten E-Mail Verteiler wurde den Eltern der Kinder, die sich für die Phänomene des Weltraums und die damit verbundenen Aktionen und Angebote interessierten, Zeit und Ort für einen Besuch in der Sternenwarte Köln Nippes mitgeteilt. Aufgedreht stehen nun diese Kinder vor den zwei großen Kuppeln des Gymnasiums in Nippes, in dem sich nicht nur ein Bereich zum Entdecken von atemberaubenden Weltraumaufnahmen, alten Computern, Außerirdischen und mechanischen Planetenkonstruktionen befindet, sondern auch ein fantastisches kleines Planetarium.
Die Eltern verabschieden sich für eine Stunde und Sternwärter Tim geleitet uns in den ersten Raum. Am Treppengeländer schlängeln sich die einzelnen Sternbilder hinunter, an der Decke hängt eine proportional korrekte Gestaltung des Sonnensystems.
„Guck mal, ich bin Skorpion“, ruft Neo.
„Und ich bin Löwe!“
„Die Sonne ist am größten“, erklärt Mats und deutet auf die riesige Sonne über ihm. Die Kinder sind sich einig, dass die Sonne kein Planet ist, sondern ein Stern.
Tim ist ganz beeindruckt vom Vorwissen der Kinder, und fügt noch hinzu, dass die Sonne sogar ein recht kleiner Stern ist und es noch viel größere gibt. Zusammen wird noch einmal überlegt, wie die ganzen Planeten heißen. Und was ist Pluto jetzt eigentlich?

„Ein Zwergplanet?“, kichert Neo. Wie lang braucht die Erde eigentlich einmal um die Sonne? Ein bisschen abstrakt ist das ganze ja schon …
Im nächsten Raum lernen wir etwas ganz Neues – über schwarze Löcher hatten wir noch nicht gesprochen. Tim erklärt, dass man in einem schwarzen Loch durch die Zeit reisen könnte. Schade nur, dass man „spaghettifiziert“ wird, sobald man es versucht.
„Ooh, ich möchte dann aber eine Spaghetti sein!“, trauert Tiu um die ungenutzte Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen.
Wir gehen vorbei an leuchtend violetten Abbildungen der Milchstraße (Sophia: „Ich stell mir immer vor, dass das eine Straße ist mit Milch.“ Mats: „Nein, das sind ganz viele Sterne!“), an verstellbaren Teleskopen und einer Glaskugel, die violette Blitze an die Fingerspitzen schickt,
wenn man sie berührt. Dort müssen wir hinunter – ins Planetarium. Jedes Kind findet einen Platz in der ersten Reihe.


„Was ist das für ein Ding in der Mitte?“, wundert sich Neo.
Der noch helle Abendhimmel an der Kuppel über uns wird langsam immer dunkler. Am Rand der Kuppel ist die Kölner Skyline eingezeichnet, die Sonne zieht langsam über den Dom, bis sie
ganz unter geht. Es wird dunkel im Planetarium. Ganz schön unheimlich – aber dem Weltraum sei Dank, bald sind Sterne und Mond am Himmel zu erkennen.
Die erste Reaktion der Kinder ist – Applaus! Jubelnd klatschen sie in die Hände, in großer Bewunderung für die Schönheit des Himmels. So sieht man ihn ja selten über Köln.
Nach und nach zeigt uns Tim die Planeten (Jakob: „Das ist der Jupiter!“, „Stimmt!“, sagt Tim verwundert) und ihre Umlaufbahnen. Er erzählt von Sternbildern, wie dem Orion und Geschichten von Herkules. „Ich habe ein Buch mit einem Hasen, der heißt Herkules“, ruft Sophia und sorgt damit für allgemeine Heiterkeit. Langsam dreht sich der Sternenhimmel, bis die Sonne wieder aufgeht und es wieder hell im Planetarium wird.
Jetzt ist noch Zeit, um sich in der Sternenwarte in Ruhe umzuschauen, die alten Computer zu entdecken und diverse Planeten per Knopfdruck in Gang zu setzen.



3. Ende unserer Forschungsreise
Der Besuch der Sternwarte bildete den Höhepunkt unserer Forschungsreise, in der wir erkannten, wie viele Erkenntnisse die Kinder durch die gemeinsame Entdeckung des Weltraums gesammelt hatten.
Nie war es uns während des Projekts um die konkrete Vermittlung von Bildungsinhalten gegangen. Vielmehr wollten wir die Neugier der Kinder nutzen, um ihnen zu helfen, kokonstruktiv ihre eigene Welt zu erschaffen und im Raum zu visualisieren. Die komplette Verwandlung des Raums in nahezu allen Bildungsbereichen spiegelte den Forschungsprozess der Kinder wieder, und zeigte uns, dass die Reise langsam zu einem Ende gekommen war.
Gemeinsam mit den Kindern überlegen wir, was nun mit unserer Weltraumwelt zu tun sei.
Elliot: „Alles wegräumen.“ Emmy: „Lass uns den Tisch wiederholen.“ Edgar: „Nicht die Rakete abreißen!“ Lou: „Wir machen was anderes daraus.“ Neo: „Ein Piratenschiff.“ Mats: „Oder ein Unterseeboot.“
Die Kinder werfen die große Rakete aus Pappkarton mit aller Kraft um und setzten sich von oben rein. Die Rakete ist nun ein U-Boot. Eine neue Reise beginnt.